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28 Tage auf dem eigenen Segelschiff - Von Marokko auf die Kanaren

Aktualisiert: 18. Feb.

Am Dienstag 24.10.2023 starteten wir hinaus in den weiten Atlantik mit Ziel Lanzarote und verlassen somit Marokko. Wir haben mit einigen anderen Seglern den Austausch gesucht und haben auch viel darüber gelesen. Der Atlantik ist wilder, die Wellen höher. Der Pazifik wird auch als der Stille Ozean bezeichnet, der Atlantik nicht. Da wir alle drei Anfänger sind, hat noch keiner zuvor Atlantik Erfahrung gesammelt. Die obligatorischen 1'000 Seemeilen um den Schweizerischen Hochseeschein zu erhalten, haben wir in der Bretagne und dem Ärmelkanal absolviert. Auch ein anspruchsvolles und nebenbei sehr schönes Gebiet mit viel Gezeiten und dadurch Gezeitenströmung. Aber zurück zum Atlantik und unserer eigenen Kreuzfahrt. Der Segelsport, aber auch das Cruising-Segeln, wie wir es betreiben, ist harte Arbeit. Dieser Blog erzählt von Höhen und Tiefs.


Segeln

Tag 1, Dienstag 24.10.2023:

Wir starten unter Motor, die Gibraltar Strömung vom Atlantik in das Mittelmeer ist zu stark und die Windrichtung zu unvorteilhaft um unter Segel dagegen anzukommen. Motor gibt weniger zu tun als Segeln und wir nutzen die Zeit zum Schleppangeln.

Fischen auf dem Meer Segelboot Bonito Tuna

Die oft herrschende eben genannte Strömung bringt viel Nahrung in die Gibraltar Meerenge und daher sagt man dem Gebiet reiche Fischbestände zu. Wir versuchten unser Glück und fingen ca. im Viertelstundentakt Bonitos. Am Schluss sind 5 gelandete Fische und einige verlorene. Wir freuen uns über ein gutes Kilogramm Fischfilet und ziehen unsere Köder zurück. Mehr können wir nicht essen. Glücklich, vor allem diejenigen mit Fischerherz, starten wir die Nachtwachen. Unter Motor sind auch diese etwas ruhiger.

Tag 2, Mittwoch 25.10.2023:

Der Wind hat Frühmorgens aufgefrischt und etwas gedreht. Wir sind heiss, die Segel zu setzen. Mit einem Am-Wind-Kurs und viel Krängung segeln wir gegen Südwesten bei gut 20 Knoten Wind. Das Schiff springt über die Wellen, draussen pfeifts und die Gischt schlägt einem ins Gesicht. Die Krängung ist am Limit und wir suchen die richtige Segeleinstellungen um angenehm und sicher voran zu kommen. Nach einigen Minuten finden wir diese auch und der Wind nimmt etwas ab, es bleibt jedoch wild. 2 von 3 Crewmitgliedern schlägt der Seegang aufs Gemüt und der restliche Tag ist von Kopfweh und Übelkeit geprägt. Nach dem Abendessen, ein Feinkostmenü mit dem frischen Fisch vom Vortag, können wir uns gegenseitig die ironische Frage nicht verkneifen:

"ist das jetzt der Traum von dem du gesprochen hast?"

Es ist eben keine Kreuzfahrt.




Tag 3, Donnerstag 26.10.2023:

Die Nacht wurde wieder unter Motor verbracht, der Wind nahm ab und wir befanden uns nach wir vor im Strömungstrichter Gibraltar. Am Morgen werden sobald als möglich wieder die Segel gehisst, weiter auf Am-Wind-Kurs und Krängung. Jedoch alles ein bisschen ruhiger als am Vortag. Die Stimmung bei den Angeschlagenen ist daher besser, aber noch nicht wirklich ein Genuss. Da der Wind etwas dreht und die Strömung abnimmt, kommen wir richtig gut voran. Wir machen an diesem Tag 160 Semmeilen, ein starker Schnitt, jedoch nicht verwunderlich bei unserer Rennziege, welche ihr Können bei vorderlichen Winden richtig ausspielen kann. Gegen Abend und in der Nacht kommen die vom Wetterdienst angekündigten Squalls . Kleine Unwetterzellen, welche den Wind kurzzeitig (10-30 Minuten) verstärken und manchmal auch deren Richtung verändern. Diese können auch von Gewitter begleitet sein, ist hier allerdings nicht der Fall. Es ist zwingend, dass Segler auf diese Zellen reagieren, sonst kann es böse enden. Es scheint, als würde Poseidon daran erinnern, wer hier der Herrscher ist. Zur Sicherheit und weil die Winde eher schwach sind, segeln wir nur mit dem Genoa (Vorsegel).

Tag 4, Freitag 27.10.2023:

Brotbacken auf dem Segelschiff

Der Wind kommt nun seitlicher, die Krängung nimmt ab, die Stimmung steigt. Doch eine Kreuzfahrt?

Wir erreichen das Stimmungshoch vom aktuellen Schlag und suchen Menüs um den restlichen Fisch zu speisen. Wir backen frisches Brot und entscheiden uns für Ofengemüse und Fischknusperli. Zu dritt stehen wir in der Küche (ja war eng) und zaubern. Ein richtig schöner Abend unter Freunden. Die Winde haben gedreht und kommen nun achterlich (vom Heck her). Auf achterlichen Kursen hat man keine Krängung, das Schifft eiert dafür etwas umher und schaukelt. Jaleo segelt unter Autopilot gemächlich Richtung Kanaren. Wir haben dazu den für uns neuen Schmetterling ausprobiert. Beim Schmetterling liegen die beiden Segel gegenüber, sieht toll aus und man kann dadurch bei Wind direkt vom Heck (180 Grad) fahren. Wir gehen so durch die Nacht.


Tag 5, Samstag 28.10.2023:

Segeln Butterfly

Der Wind nimmt ab und wir entscheiden uns den bei schwächeren Winden schlagenden Schmetterling herunter zu nehmen und den Spinnaker zu setzen. Kaum ist dieser oben, fällt der Wind zusammen und der Spinnaker in sich ein. Der Spinnaker hat sich kurz aufgeblasen und ist dabei an der Reling hängen geblieben. Das sehr feine Segeltuch hat nun einen Riss. Der Riss ist wahrscheinlich für wenige 100 Euro reparierbar, jedoch wird es schwierig auf den Kanaren einen Segelmacher zu finden, der Zeit für uns hat. Die Kanaren sind zu dieser Zeit voll mit Seglern, welche den Atlantik überqueren wollen.

Defekt am Segelschiff GFK Vorstag

Gleichzeitig erkennen wir, dass ein bereits bekannter Schaden ganz vorne am Schiff weiter ausreisst. Der Schaden liegt an einem zentralen Kraftpunkt vom Vorstag (vordere Abspannung des Mastes), wenn dort etwas ausreisst, segeln wir nicht mehr weiter. Eine weitere Reparatur für einige Tausend CHF welche wir voraussichtlich in die Karibik verschieben. Bei einem Brunch mit dem selbst gebackenen Brot, Honig aus Sugiez und Greyerzer aus dem Jura besprechen wir das Vorgehen der Arbeiten in den Kanaren. Die Laune nach diesen Vorkommnissen eher bescheiden.

Tag 6, Sonntag 29.10.2023:

In der Nacht tümpeln wir ohne Wind vor uns her. Wir haben entschieden, am Vormittag etwas zu Motoren um den Wind ab Mittag zu erwischen und am Montag morgen in der Ankerbucht anzukommen. Der Wind kommt sogar schon früher als gemeldet und wir flitzen mit guten 6-7kn durchs Wasser. Der Tag macht Spass und wir bereiten uns langsam auf das Ankermanöver vor. Da wir schneller sind als geplant, werden wir in der Nacht bei Dunkelheit ankommen. Gegen 23Uhr erblicken wir die erste Insel, Lanzarote. Uns trennen nur noch wenige Stunden von der Erfüllung unserer ersten grösseren Atlantik Segeletappe. Wir sind stolz und gehen nochmal durch, was wir alles geleistet haben um gleich mit unserer eigenen Segelyacht die Kanarischen Inseln zu erreichen und dort zu ankern. Ein wirklich tolles Gefühl!


Um 2h Nachts, es ist nun bereits Montagmorgen, fällt der Anker. Das Ankerbier verschieben wir auf den Folgetag. Wir räumen kurz auf, gönnen uns eine Dusche auf dem Schiff und fallen in die Federn.

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