Auf unserer Reise von Europa nach Neuseeland überqueren wir 2 Ozeane, den Atlantik und den Pazifik. So eine Überquerung will gut geplant und vorbereitet sein. Im sicheren Hafen ist es sehr verlockend, mal etwas stehen zu lassen. Bist du draussen auf See, bereust du jede nicht kontrollierte Schraube. Für den Atlantik sollte alles stimmen, die Crew muss mental bereit sein, die Einkäufe erledigt, klar Schiff gemacht, für Worst-Case Szenarien braucht es Plan B und C und zu guter Letzt das passende Wetterfenster. Eine Woche kann grob voraus gesagt werden, alles danach weiss man noch nicht.
Zu Beginn der Woche, wir haben Sonntag den 20.11.23, ist kein passendes Wetterfenster in Sicht. Sowieso wären wir noch nicht bereit. Wir entscheiden die kommenden Tage Vollgas zu geben um gegen Ende Woche los zu können, falls Wetter und Wind passen.
Den Montag nutzen wir für Einkäufe im Hafen und in unserem Lieblingssupermarkt Mercadona. Die Reise soll gut proviantiert sein und wir brauchen gewisse Ersatzteile. Am Schiff erledigen wir erste Arbeiten und Kontrollen. Die Fallenstopper werden teilweise ersetzt und elektrische Kabel erneuert. Wir verbessern Fensterdichtungen, ein Schiff in unserem Preisrange ist übrigens nie ganz dicht. Wer von seinem Schiff das Gegenteil behauptet, lügt mit Gewissheit. Zudem kontrollieren wir alle kritischen Punkte und vergleichen diese mit Fotos vom Start der Reise. Allfällige Veränderungen können dadurch beobachtet werden.
Dienstag und es ist gutes Atlantik Wetter in Sicht. Die Situation hat sich verändert und der Start einer Überquerung wäre denkbar. Wir sind leider noch nicht bereit dazu. Heute sieht das Schiff wieder aus wie eine Baustelle. Wir kontrollieren die Kielbolzen, eine Schwachstelle vieler Schiffe. Kielbolzen halten den Kiel am Schiff und sind daher ganz unten. Bei Wassereintritt sammelt sich dort häufig Wasser und dadurch leiden diese Befestigungen. Wir hatten unsere während den 10 Monaten Refit anfangs Jahres gereinigt und alles sieht gut aus.
Wir flicken weitere kleine Schäden auf dem Deck mit Topcoat und kontrollieren Wasserschläuche auf ihre Dichtheit. Hier und da entdecken wir Kleinigkeiten welche wir rasch verbessern können.Hoch offiziell haben wir Europa heute bereits verlassen. Wir haben bei der Hafenpolizei ausklariert. Hier Spanien dauerte dies keine 5 Minuten, in Marokko warteten wir knapp 4h. Schon krass diese unbegründeten Unterschiede.
Der Mittwoch ist schnell erzählt, wir kontrollieren weitere kritische Punkte am Schiff. Es geht unter anderem hinauf auf den Mast. Wir kontrollieren alle Schrauben und das Rigg welches den Mast hält. Erschrocken finden wir lose Schrauben und nicht gesicherte Splinte, es war höchste Zeit, diese Kontrolle zu machen.
Über soziale Medien haben wir Anfang Jahres die Salty Brothers kennen gelernt. Drei Deutsche in unserem Alter mit annähernd dem selben Projekt und auch sonst vielen Gemeinsamkeiten. Gespannt haben wir jeweils der anderen Crew ihre Fortschritte, Schwierigkeiten und Erfolge verfolgt. Auch einen virtuellen Austausch fand statt in welchem wir voneinander lernen konnten. So nah wir uns fühlen, haben wir die Truppe noch nie gesehen und pünktlich zum Sonnenuntergang erkennen wir ihr Schiff in der Buchteinfahrt. Die Segelwelt ist klein und man hilft gegenseitig aus. Solche Freundschaften sind sehr schön und manchmal auch sehr nützlich. Bei einem Fass Quöllfrisch Bier tauschen wir uns aus und lachen über die gegenseitigen Schlamassel der letzten Monate. Es gibt viel zu erzählen und es ist wieder mal so ein Moment in welchem wir das Leben auf dem Segelschiff in vollen Zügen geniessen.
Donnerstag, mittlerweile hat sich der Samstag als Abreisetag klar kristallisiert. Wir machen Schlusskontrollen, waschen nochmal unsere Kleidung und downloaden Bücher und Podcasts. Wir starten den Motor um genügend Strom für unseren Staubsauger zu haben, wir möchten schliesslich sauber in die Reise starten. Dann der Schreckmoment, der Motoralarm heult auf. Es wird hektisch und wir starten sofort die Suche nach der Ursache. Nach knapp zwei Stunden ist klar, es ist der Alarm selbst, welcher irgendwie hängen bleibt und von alleine auslöst, ohne echtes Problem. Alles halb so schlimm also.
Während der Fehlersuche am Motor werden wir auch wieder einmal von unserem Ankerplatz verscheucht, die Tonlage mal wieder sehr rau. Der Hafenpolizei ist es herzlich egal, ob wir gerade Probleme mit unserem Motor haben oder nicht. Um 21h30 sollen wir einfach weg sein. Wir entscheiden stur zu bleiben und abzuwarten, immerhin ankern wir hier bereits 5 Tage.
Freitag, der Tag gehört uns. Wir gehen in die Stadt und geniessen nochmal Land und Leute. Beides werden wir während der ganzen Überquerung nicht sehen. Auch Christoph Kolumbus reiste einst von Las Palmas aus in die Karibik, ihm und seinen Seeleuten zu ehren gibt es hier ein Museum. Wir nutzen diese Gelegenheit und sind froh, heute modernere Hilfsmittel zu haben. Übrigens hatte auch Kolumbus in den Kanaren einmal einen Ruderschaden, das ständige Reparieren von Booten gehörte schon damals dazu. Wir gönnen uns in einem baskischen Restaurant die Henkersmahlzeit geniessen die letzte ruhige Nacht.
Samstag und irgendwann ist alles erzählt. In wenigen Stunden heisst es Anker hoch und Segel rauf!
See you on the other side.
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