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320 Tage auf dem eigenen Segelschiff - „Zurück in die Zivilisation“

Abwettern in Toau

Wegen Starkwind sitzen wir mal wieder fest. Toau ist jedoch, wie vor einigen Wochen Makemo, ein wunderschönes "Gefängnis". Wir liegen hier in einem falschen Pass. Das heisst, es hat sich im Pass, welcher normalerweise der Eingang ins Innere des Atolls verspricht, ein Riff gebildet. Dadurch sind wir fast rundherum vor Wellen und Strömung geschützt. Doch das Riff bietet mehr. Ein Labyrinth ist wohl die beste Beschreibung der Unterwasserwelt hier im falschen Pass. Auf null bis zwei Meter Wassertiefe sind viele Korallen gewachsen, welche eine ganz eigene Welt bilden. Man sieht sehr viele kleinere Rifffische und auch mittlere Zackenbarsche (Grouper). Auffallend sind die vielen Moränen. Natürlich hat es auch hier Haie. Letztere werden uns beim Speerfischen wieder einmal zum Verhängnis. Wir schiessen einen sehr grossen Papageifisch und der Speer biegt sich durch, als wir ihn samt Fisch zum Schutz vor Haien aus dem Wasser halten. Es klappt nicht und wir müssen mit dem Fisch nahe am Körper, was man eben nicht machen sollte, zurück zum Dinghy schwimmen. Das Adrenalin schiesst uns in die Blutbahnen, doch es kommen keine Haie. Fast schon in Sicherheit verlieren wir den grossen Papageifisch und er fällt unter unserem Dinghy in den Sand. Mittlerweile haben sich vier Haie um uns versammelt und wir schreiben den Fisch bereits ab. Doch nach wenigen Minuten sehen wir den Fisch, nach wie vor direkt unter uns, grün und blau schimmern. Trotz den Haien tauchen wir nach unten, doch der Fisch ist äusserst glitschig und wir möchten das Tier nicht in den Händen halten. Falls die Haie näher kommen wäre das gefährlich. Wir versuchen es mit dem Speer, doch dieser biegt sich wieder durch. Die Haie schmecken nun das Blut im Wasser und werden mutiger. Ein Hai streift ein Bein und in letzter Sekunde hieven wir den Fisch in Sicherheit. Das war mal wieder zu knapp!



Wir lassen es vorläufig mit dem Speerfischen. Am Bojenfeld wohnt ein älteres Paar, bei welchem wir an einem Tag mit ruhigerem Wetter vorbeischauen. Die beiden sind Seglern gegenüber offen und laden uns einige Tage später zum Mittagessen ein, natürlich gegen Bezahlung. Es gibt Lobster auf dem Grill, dazu "Poisson Cru" und Reis. Es ist ein sehr schönes Mittagessen und wir kommen mit den Gastgebern ins Gespräch. Der Unterschied zwischen unserem Leben in der Schweiz und dem Leben hier auf einem Atoll in mitten des Pazifiks könnte unterschiedlicher nicht sein. Hier leben wirklich nur diese zwei Menschen, Besuch kriegen sie von Seglern und ab und wann von ihrer Tochter.

 

Das junge Atoll Moorea

Zwei Nachtschläge trennen uns von Moorea, der Nachbarinsel des bekannteren Tahitis. Es geht alles gut, mittlerweile sind wir relativ erfahrene Segler und die Angst ist geschwunden. Trotzdem sind Nachtschläge anstrengend und wir kommen bei mittlerer bis grosser Welle nicht zur Ruhe.

Moorea ist eine sehr grüne und bergige Insel. Eigentlich ist es ebenfalls ein Atoll, jedoch in einem jüngeren Stadium. Moorea hat ein Korallenriff rundherum, jedoch ist die Insel darin (noch?) nicht versunken. Es leben rund 16'000 Menschen auf Moorea, wegen der Nähe zu Tahiti ist die Insel viel besser erschlossen als die Marquisen und die Tuamotus.

 


Wir geniessen die üppige Vegetation der Insel. Nach vielen Tagen Ozean oder den fast nur mit Palmen bewachsenen Tuamotus, ist das satte Grün einer Insel mit feuchterem Klima eine willkommene Abwechslung. Eines unserer ersten Ziele ist daher auch eine Wanderung. Der Montagne Magique verspricht eine wunderschöne Aussicht über die nördliche Küste von Moorea. Wir erkunden danach Teile der Nordküste mit unserem Dinghy. Für Tagestouristen werden hier Haie und Rochen gefüttert, die Tiere kommen also auf uns zu, sobald wir an den Futterstellen ins Wasser gehen. An Haie haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Die Rochen sind jedoch neu und ihr könnt euch die komische glitschige Haut von Rochen nicht vorstellen.

 


Jedoch war nicht alles so schön in Moorea..

 

Schwierige Zeiten in Moorea

Eine Kombination von Wetter, Unglück und falscher Planung bringt uns einige Tage nach der Ankunft in Schwierigkeiten. Wir sind zwar auf der windabgewandten Seite von Moorea, jedoch kann es dadurch bei hohen Inseln starke Fallwinde geben. Es herrscht also Windstille und mit einem Schlag kommt Wind bis 65km/h. Das ist echt krass und eine Belastung für Crew und Schiff. Hinzu kommt unsere Ankerwinsch Sicherung, welche in den letzten Tagen Probleme macht. Die Sicherung ist alt und löst deshalb immer wieder aus. Dies verunmöglicht uns das schnelle Hochziehen des Ankers. Bei der Planung machen wir den Fehler, dass wir uns für ein zu kleines Ankerfeld entschieden haben. Mit unseren 2.8m Tiefgang haben wir hier kaum Platz und das Aussuchen des Ankerplatzes wird zur Meterarbeit. So haben wir in den folgenden Tagen immer wieder Ankerwache und können das Schiff nicht beliebig verlassen und beim mehrmaligen Umankern gibt es äusserst gefährliche Situationen. So rammen wir beinahe den Bug unserer Freunde, den Salty Brothers.

 

Beim gemeinsamen Abendessen mit Lucky Jonny und den Salty Brothers, lassen wir unsere drei Dinghys angekettet im Hafen liegen. Und tatsächlich passiert der Alptraum jedes Seglers. Als wir zurück kommen fehlt der Motor der Salty Brothers. Wir wurden beklaut. Sofort suchen wir die Umgebung ab und befragen Leute. Einige zwielichtige Gestalten treiben sich schon im Hafen herum und wir werden das Gefühl nicht los, dass diese mehr wissen als sie zu geben. Kurz vor Abfahrt zurück zum Boot, die Salty Brothers haben wir geschleppt, kommt ein ungefähr 15-jähriger Bursche zu uns und meint, gegen etwas Geld könne er den Motor zurück bringen. Wir dealen mit ihm und verabreden uns am folgenden Tag um 7 Uhr morgens.


Sowieso haben wir um 8 Uhr Elektroscooter gemietet, doch der Junge ist nicht da. Wir fragen erneut herum und erzählen in den Shops und der Gemeinde vom Diebstahl. Einer meint, er könne den jungen von gestern Abend holen gehen. Tatsächlich klappt das und die Frau von der Scootervermietung ist seine Lehrerin. Was für ein Zufall. Die Nachricht vom Diebstahl verbreitet sich im ganzen Dorf und irgendwann dringt das Gerücht zu uns durch, dass der Motor beim Diebstahl runter fiel und auf dem Meeresgrund liege. Glücklicherweise ist dieser im Hafen nicht sehr tief und die Salty Brothers gehen tauchen. Tatsächlich blubbert plötzlich eine Benzin Laake an die Oberfläche. Mit Seilen hieven wir den Motor vom Grund und bringen in durch gründliche Reinigung nach einigen Tagen wieder zum Laufen. Ein Happy End, welches einen faden Beigeschmack hinterlässt.



Da alle guten Dinge drei sind, geht hier auch noch unsere Wasserpumpe kaputt. Einmal mehr ein Bauteil, welches kein Jahr alt wurde. Für uns bedeutet dies, dass wir zwar Wasser in den Tanks haben, dieses jedoch nicht pumpen und nutzen können. Mit der Fähre machen wir uns auf nach Tahiti und wir haben Glück. Auf Anhieb finden wir eine für uns passende Pumpe und können diese zurück auf dem Schiff einbauen. Die Süsswasserdusche ist gerettet. Was hier nach einer schnellen Lösung klingt, dauerte drei Tage, einige Stunden Fehlersuche, Nerven und viel Geld.

 

Abschied von Pascal und Vanessa

Das verlobte Paar verlässt uns auf Moorea, um eine Woche später in der Schweiz zu heiraten. Uns hat es gefreut, die beiden nach langer Zeit und vor ihrem grossen Tag bei uns zu haben. Was die beiden noch nicht wissen, Jérôme fliegt nur zwei Tage nach ihnen auch in die Schweiz. Seit Beginn der Reise war klar, dass wir ihre Hochzeit verpassen werden. Jérôme liebäugelte von Anfang an damit, die beiden zu überraschen. Als der grosse Tag näher kam und für uns absehbar wurde, wo wir uns in dieser Zeit befinden, zögerte Jérôme nicht.

 



Wir brauchen den sicheren Hafen

Auch wenn Moorea unglaublich schön ist, kommen wir nicht wirklich in den Genuss der Insel. Zu unangenehm sind die oben beschriebenen Ereignisse und die Windbedingungen am Ankerfeld. Nach über drei Monaten sind wir sowieso reif für einen Hafen und dessen Sicherheit. Wir fahren die 20 Seemeilen rüber nach Tahiti. Was einfach klingt war ganz schön anstrengend. Hart am Wind kämpfen wir gegen 3-4 Meter Welle. Zwischen Moorea und Tahiti entsteht der Düseneffekt zwischen zwei Inseln, diesen Phänomen durften wir in den Kanaren kennen lernen. Und auch hier müssen wir mal wieder ein Dinghy retten. Nachdem wir unser Dinghy zweimal fast verloren haben (zum ersten Mal eben beim Düseneffekt in den Kanaren), ist es diesmal ein fremdes Beiboot. Die Rettungsstelle auf Tahiti funkt uns an, ein weisses Dinghy treibe in unserer Fahrtrichtung, wir sollen Ausschau halten und bei Möglichkeit das Dinghy retten. Es sei unbekannt, ob Personen darin sind oder waren..

Mit etwas Adrenalin aber wenig Zuversicht halten wir also Ausschau nach einem weissen Dinghy im tobenden Ozean mit weissen Schaumkronen. Und tatsächlich fahren wir plötzlich mitten auf das Dinghy zu. Nach einer gekonnten Rettungsaktion schleppen wir das Beiboot in Richtung Hafen von Papeete. Wir informieren die Rettungsstelle über die Bergung. Doch auch nach mehreren Tagen meldet sich niemand und wir werden sogar noch für die Aufbewahrung verantwortlich gemacht. Nach einer Woche wird es uns zu bunt und wir verschenken jeweils einzeln den Motor und das Dinghy an befreundete Segler.



Nach einer Nacht vor Anker, ergattern wir einen Liegeplatz in der Marina Papeete. Der Hafen kümmert sich übrigens nicht selbst um seine freien Plätze. Wird ein Platz frei, muss man einfach das erste Boot sein, welches anlegt. Man kann sich das Chaos und die teils angespannte Stimmung denken...

 

Jérôme verlässt uns

Wie weiter oben erwähnt, fliegt Jérôme für eine Weile zurück in die Schweiz. Wenige Tage vor Abflug, entscheidet er sich gemeinsam mit der ganzen Crew, nicht mehr zurück zu kehren.

Jérômes eigene Worte finden sich im Blog "330 Tage auf dem eigenen Segelschiff - "Das Ende der Reise unseres Lebens?" oder ausführlicher im Podcast zu diesem Thema.

Ebenfalls finden sich dort Informationen zur Weiterführung unserer Reise.

 

So waren die letzten Tage vor Jérômes Abreise geprägt vom Packen und zwingenden Arbeiten für Jérôme. Auch die Gefühle gingen mal durch, so real und nahe hat sich das Ende dieses Abenteuers noch nie angefühlt.



Wir brauchen einige Tage um wieder in die Bahn zu kommen. Das breite Angebot an Bars und Diskotheken in Papeete hilft uns dabei. Was uns Tahiti sonst noch alles bietet, erfährt ihr im nächsten Blog.


sonne


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